Stranden
Aotearoa, Januar 2025. Früh am Morgen schwebt freundlich und beständig die flauschige Wolkendecke über mir, die Aotearoa den Namen gab: “Das Land der langen, weißen Wolke“. In der Sprache der Māori bedeutet ao = Wolke, Erde, Welt, Tag, Tageslicht, Dämmerung; tea = weiß, hell, klar, strahlend; roa = lang, groß, hoch.
An manchen Tagen stromere ich hier an den Stränden entlang. Für mich bin ich in einem Zauberland, im Restbestand. Und erstmal einfach nur so — vielleicht doch aus Routine des genauen Hinsehens — ziehe ich mir Schätze an Land oder finde sie am Strand.
Ich sammle Aluminium-Dosen, Kunststoffteile, Schnüre, Seile, Glas- und Plastikflaschen, Kunststoffboxen- und Verpackungen für Chips und Süßigkeiten, Schuhe und Bekleidungsstücke made in China, Indien oder Madagaskar.
Was ist das? ungeliebt, unmodern, kaputt, verstoßen, vergessen, verloren, im Pazifik entsorgt oder mit der Flut an Strand gespült.
Hey Mensch: manche der für die Produktionen verwendeten Rohstoffe brauchen ein paar Millionen Jahre, um sich zu erneuern: mehrere Tausend Liter Wasser werden für die Herstellung eines Baumwoll-Hemdes benötigt…
Dann, erstmal einfach nur so, zupfe ich hier und da an den Fundstücken herum, fertig ist mein Arrangement. Nach was sieht das aus? Für mich sieht das wie „die Spitze eines Eisberges“ aus. Was hier noch zählbar ist, davon lauert in den Weltmeeren unüberschaubar mehr.
Hey Mensch, überlege es dir genau: weniger ist mehr! Du bist Gast der Natur.
Morgen früh mache ich weiter. Für hier und jetzt nähe ich mir aus dem Karostoff-Kinderhemd Fundstück, bester Baumwollqualität, einen neuen Mini-Rock — ganz von Hand, Stich für Stich.
Im Juli wird es Hochsommer in meiner Heimatstadt Berlin sein, dann trage ich den neuen Schatz am Wannsee-Strand usw.
Anmerkungen: AOTEAROA, ursprünglich war damit nur die Nordinsel des heutigen Neuseelands gemeint
In fünf großen Müllstrudeln reichern sich in den Ozeanen gigantische Mengen Abfall an. Davon macht Kunststoff zwei Drittel aus. Dieser zerfällt zu Mikroplastik und landet auch in der Nahrungskette. Der pazifische Müllstrudel ist der Größte, eine circa drei Millionen Tonnen schwere Müllinsel. Sie ist so groß wie ganz Mitteleuropa. Seit den 1980ger Jahren hat sie sich um das Hundertfache vergrößert.
Die Weltbevölkerung wächst und parallel dazu das übermäßige Verbrauchen und Wegwerfen.